Texte
„Was uns erschöpft, ist die Nichtinanspruchnahme der Möglichkeiten unserer Organe und unserer Sinne, ist ihre Ausschaltung, Unterdrückung… Was aufbaut, ist Entfaltung. Entfaltung durch die Auseinandersetzung mit einer mich im Ganzen herausfordernden Welt.“ (Hugo Kükelhaus)
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„Wenn Sie Ihrem Kind beibringen, die Einsamkeit der unberührten Wildnis zu lieben, so wird es etwas lieben, das es immer seltener geben wird. Sie erhöhen dadurch die Chance, dass Ihr Kind unglücklich wird, weil es das, was es sich wünscht, nicht mehr finden wird in einer Welt mit acht Milliarden Einwohnern und einem im Vergleich zu heute doppelt so hohem Bruttoinlandsprodukt. Die neue Generation lernt besser von Anfang an, im pulsierenden Leben der Megastädte zu Frieden, Ruhe und Zufriedenheit zu finden und bei endloser Musikuntermalung in den Ohren.“
(Jorgen Randers, 2017: Der neue Bericht an den Club of Rome für 2052, S.383-84)
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„Spielraum schaffen, Spielraum schaffen,
das ist das Geheimnis.“
(Hugo Kükelhaus)
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„Und dann muss man ja auch noch Zeit haben,
einfach so dazusitzen und vor sich hinzuschauen.“
(Astrid Lindgren, Pippi Langstrumpf)
„Wer die Musik nicht hört, hält die Tanzenden für wahnsinnig.“
(Friedrich Nietzsche)
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„Warte nicht auf bessre Zeiten, warte nicht mit deinem Mut,
gleich dem Tor, der an des Flusses Ufer sitzt und wartet
bis die Wasser abgeflossen, die doch ewig fließen.“
(Wolf Biermann)
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„Wenn wir vergessen,
wie man Erde umgräbt und das Land bestellt,
dann vergessen wir uns selbst.“
(Mahatma Gandhi)
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Goethe und Eckermann unterhalten sich über Fortschritt und Stagnation in Forschung und Aufklärung
- brachte das Gespräch auf Professoren, die noch immer überholte Lehren vortragen, obwohl diese längst durch neue Forschungsergebnisse widerlegt wurden.
„Das ist nicht zu verwundern“, sagte G.. „Solche Leute gehen im Irrtum fort, weil sie ihm die Existenz verdanken, sie müssten umlernen, und das wäre eine sehr unangenehme Sache.“
„Aber“, sagte E., „wie können ihre Erkenntnisse die Wahrheit beweisen, da der Grund ihrer Lehre falsch ist?“
„Sie beweisen auch die Wahrheit nicht“, sagte Goethe, „und das ist auch keineswegs ihre Absicht, sondern es liegt ihnen bloß daran, ihre Meinung zu beweisen. Deshalb verbergen sie auch alle solche Experimente wodurch die Wahrheit an den Tag kommen und die Unhaltbarkeit ihrer Lehre sich darlegen könnte.“
Goethe fuhr fort: „Und dann, man muss das Wahre immer wiederholen. Weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird, und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse. In Zeitungen, Enzyklopädien, auf Schulen und Universitäten, überall ist der Irrtum obenauf, und es ist ihm wohl und behaglich, im Gefühl der Majorität, die auf seiner Seite ist.“
(Aus „Gespräche mit Goethe“ von Eckermann)
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„Eine besondere Rolle spielen in der sinnesarmen Welt die Medien.
Sie drohen zu Ersatzdrogen für vorenthaltene Primärerfahrungen zu werden; Drogen, die dazu verführen, gelebt zu werden anstatt selber zu leben.“
(Renate Zimmer, „Bewegte Kindheit“/Kongressbericht 1997)
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„Wenn wir brav sind, das verspricht man uns,
werden wir alle dieselben Bilder sehen
und dieselben Töne hören und dieselben Kleider tragen
und dieselben Hamburger essen
und in derselben Einsamkeit sein,
in gleichen Häusern gleicher Stadtviertel gleicher Städte,
wo wir denselben Müll atmen
und unseren Autos mit derselben Ergebenheit dienen,
und wir gehorchen den Befehlen derselben Maschinen
in einer Welt, die herrlich sein wird für alles,
was keine Beine und Füße und Flügel und Wurzeln besitzt.“
(Eduardo Galeano, Die Füße nach oben. Zustand und Zukunft einer verkehrten Welt)
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„Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun,
sondern auch für das, was wir widerstandslos hinnehmen.“
(Arthur Schopenhauer)
„Was keiner wagt, das sollt ihr wagen.
Was keiner ausspricht, sagt heraus.
Was keiner denkt, das wagt zu denken.
Was keiner anfängt, das führt aus.
Wenn keiner ja sagt, sollt ihrs sagen.
Wenn keiner nein sagt, sagt doch nein,
Wenn alle zweifeln, wagt zu glauben.
Wenn alle mittun, steht allein.
Wo alle loben, habt Bedenken.
Wo alle spotten, spottet nicht.
Wo alle geizen, wag zu schenken.
Wo alles dunkel ist, macht Licht!“
(Lothar Zenetti)
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„……..wir leben in einem Zeitalter der Extreme. Die Drillinge Naturwissenschaft, Technik und Industrie führen den Menschen auf nie gekannte Höhen. Doch wehe, wenn er abstürzt – und er ist längst nicht mehr schwindelfrei! Was ihm vor allem fehlt, ist das richtige Maß, ist die Erkenntnis, dass er „auf der Erde bleiben“ muss. Er darf durch die Schreibmaschine nicht das Schreiben, durch den Taschenrechner nicht das Rechnen, durch das Auto nicht das Gehen und durch die zahlreich industriell hergestellten Geräte, mögen sie noch so billig sein, nicht den Sinn und die Fähigkeit für das Schaffen mit den eigenen Händen verlieren…..“
„ ……. In unserer von Industrie und Technik und gesellschaftlich von der Stadt her geprägten Zeit wird oft die Wichtigkeit der Handarbeit zur Bildung des gesamten Menschen unterschätzt. Die Handarbeit wird manchmal als unwürdig, als „verbürgerlicht“ oder gar als Rückschritt angesehen. Welch ein Irrtum! Vielleicht ist es die Polarisierung der Begriffe, die solche einseitigen Urteile bewirkt. Es sei daher mit Nachdruck darauf verwiesen, dass niemand, der ernsthaft für die Handarbeit eintritt, der Wert der Industrie und ihrer Produkte für den Menschen schmälern möchte. Ohne Waschmaschine, ohne Schreibmaschine und ohne Auto würde unser Leben wahrscheinlich nicht mehr funktionieren; es ist also mehr eine Frage der Anwendung, des Gebrauchens, die den Gegensatz prägt. Dieses Problem konnte der Mensch noch nicht zufrieden stellend lösen.
In einem Dilemma scheinen auch die Pädagogen zu stehen, von denen man „zeitgemäße“ Lehrpläne verlangt. Eine solide Allgemeinbildung, die den Menschen ein Leben lang hindurch begleitet, wird, je „fortschrittlicher“ man sein will oder muss, zugunsten einer vom Verlangen des jeweiligen Tages geprägten, aber zwangsläufig kurzlebigeren, angepassteren Schulbildung zurückgedrängt. Nur langsam kommt wieder die alte Erfahrung durch, dass solide Kenntnisse der Muttersprache, der grundlegenden Rechenarten, der Geschichte, der Geografie und der Naturgeschichte das feste Fundament jeder Grundausbildung sein müssen und dass auf diesem die Fachdisziplinen umso nachhaltiger und rascher aufbauen können….“
(Vorwort von Prof. Dr. Helmuth Huemer, Kuratorium Österr. Heimatwerk,
aus „Schnitzen mit Ästen und Zweigen“/Leopold Stocker-Verlag, 1989)
„……wir leben in einer ernsten Zeit, in der nicht nur die Natur, sondern auch andere Lebensbereiche bedroht sind. Wer Ohr und Auge offen hält, wessen Herz mit den Verfolgten und Hungernden, mit jeder bedrängten Kreatur und der geschändeten Natur empfindet und leidet, wer sich der Gefahren für Herz und Menschlichkeit durch die Auswüchse der Zivilisation bewusst ist, wird die Gefahren einer kommenden Krise erkennen und nicht beschönigen. Jedes Erkennen, jede Erkenntnis aber verpflichtet!
In einem winzigen Splitterchen Zeit – gemessen an der Schöpfung und Menschwerdung – wird der Mensch der Hände Arbeit entwöhnt. Es begann mit der Erfindung der Maschine und es wird mit dem Computer enden; der Mensch verliert durch seinen Fortschrittsglauben und seine Vergötzung des Technologischen den Blick und den Sinn für das Ganze. So kann sich auch die wahre Hilfe der Maschine und wohl auch die des Computers nicht segensvoll auswirken.
Bauernhof, Gewerbe und Fabrik, all diese Stätten, in denen noch erzeugt wird, werden immer mehr Arbeitskräfte abstoßen müssen. Dagegen werden sich die bewegungsarm machenden Sitze am Schreibtisch wieder füllen. Der Mensch wird infolge der einseitigen Entwicklung seiner geistigen Fähigkeiten seine Hände Arbeit immer mehr vernachlässigen.
Jede Veränderung der Natur ist immer erst lange Zeit nach ihrem Beginn festzustellen. Ihre Schritte setzt sie langsam, doch immer nach dem Kausalgesetz. Nun springt der angeheizte Fortschritt über die Händearbeit hinweg! Seine grandiosen Erfindungen blenden ihn und vernebeln seinen Blick für das Ganze.
Hand in Hand mit dem Verfall der Handarbeit geht der Verfall seiner sittlichen und kulturellen Kräfte, der wahren Schöpferfreude, der Selbständigkeit und Unabhängigkeit, und zwar sowohl im Denken als auch im Handeln. Die Spezialisierung zwingt zum beengenden Schemadenken, die äußere und innere Versklavung an ein Muster und an aufgezwungene Vorbilder und Vorstellungen wächst. Die Naturverbundenheit geht im Großstadtgetriebe, im programmierten Massenbetrieb auf der Piste, am Strand und auf den verschiedenen Rekordplätzen verloren. Erfolgsdenken, Vorteilsdenken und alles Tun um Geld, Ansehen und Aufsehen zu erreichen, herrschen vor. Reizüberflutet wird nicht nur das Kind, mehr noch der Erwachsene auf all seinen so klug erdachten Fluchtwegen. Es gibt keinen Platz und keine Zeit mehr für die Stille des besinnlichen Alleinseins, für das Zarte, Unmessbare.
Was geben wir schon unseren Kindern zur Bewältigung der Weltkrise mit? Wecken wir in unserer Jugend das Verständnis, die Verderblichkeit der Gier nach Erfolg und Rekord zu erkennen? Warnen wir sie vor der Abstumpfung der Sinne und des Fühlens durch das Frönen der Genusssüchte? Wofür sind wir selber Vorbilder?
Wäre z.B. ein geruhsamer Sommerurlaub in einem Bauernhof, nahe an einem von Jungholz umrandeten Bach, wo ein eindringliches Beobachten im Alleinsein noch möglich ist, dem bunten, lärmenden Strandleben am Meere nicht vorzuziehen? Eine Wonne, wieder das stille Glück der Familie in der eigenen Heimat zu erleben, in Besinnlichkeit tätig zu sein, durch den Werkstoff, der am Wege wächst und statt käuflich erworbener „Trophäen“ etwas Selbstgewerktes zur frohen bleibenden Erinnerung heimzubringen!
Alles, was der Mensch in der Kindheit erfährt – sowohl das Gute als auch das Böse – wirkt weiter, bleibt erhalten und bildet den Nährboden für Lebensglück oder für Oberflächlichkeit, Genusssucht und tiefe menschliche Unerfülltheit.
Der überbewertete Intellekt, immer mehr in Denk-Schemata gepresst, verliert das, was man den Hausverstand nennt, der schon den Primitiven auszeichnet. Diese durch scharfes Beobachten und eigener Wahrnehmung geborenen Denkvorgänge verbürgen Selbstsicherheit, Selbständigkeit und Freiheit. Durch ein richtiges Werken regeneriert sich der Hausverstand. Arbeitslust und Arbeitsfreude werden geweckt; welch nötiges Gegengewicht für den Computer, damit nicht das Mechanische das Menschliche gänzlich verschlinge.
Wahres Werken entwickelt das Gefühl für Proportion, für den Fluss der Linie, die Harmonie der Farbe – für das Schöne! Wie wichtig ist dies für das Erkennen und Verstehen wahrer Kunstwerke, für die Wahl eigener Kleidung, für die vernünftige Einrichtung einer Wohnung, für die Gestaltung eines Gartens. Wahres Werken schafft mit knappen Mitteln das Werk, es ist der Feind des Zuviel! Es löscht jede Langeweile, verhindert das Totschlagen der Zeit und löst das Freizeitproblem bis ins hohe Alter.
Wer sein Kind wahrhaft liebt, wer Erzieher sein will und nicht nur Einpauker, wird diesen Überlegungen entsprechen.“
(Aus „Schnitzen mit Ästen und Zweigen“ von Karl Wilhelm/Leopold Stocker-Verlag 1989)
Herr Keuner sah sich die Zeichnung seiner kleinen Nichte an.
Sie stellte ein Huhn dar, das über einen Hof flog.
„Warum hat dein Huhn eigentlich drei Beine?“ fragte Herr Keuner.
„Hühner können doch nicht fliegen!“ sagte die kleine Künstlerin.
„Und darum brauchte ich ein drittes Bein zum Abstoßen.“
„Ich bin froh, dass ich gefragt habe“, sagte Herr Keuner.
(Bertolt Brecht)
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„Es kommt nicht darauf an,
wie klein oder bescheiden eine Aufgabe ist,
jede Aufgabe ist eine Welt für sich.
Ein Garten, ein Haus oder ein Brunnen
können das Universum ersetzen.
Dies ist lediglich eine Frage der Einbildung,
der inneren Schau, nicht des Hinsehens.
Die Weisheit eines Kindes
oder das Talent eines Künstlers genügen, zu entdecken,
dass eine Wand, ein Teich, eine Treppe
ein Geheimnis für den bergen, der zu sehen wagt.
Sobald man dieses Potential entdeckt,
steht die Zeit still und die Magie beginnt.
Ein Brunnen vermag die Bewegung von Flüssen,
von Meer zu suggerieren,
er ist ein Brennglas oder ein Wasserfall.
Wände haben Textur, Öffnungen, Farben und Schatten,
um die sie Maler beneiden.
Ein Busch kann ein Wald sein,
die Treppe Abenteuer und Vergnügen.
Dies alles zu entdecken braucht Phantasie
und Kreativität.
Ein Kind versteht das, ein Künstler weiß,
dass ein Brunnen tausend Möglichkeiten sein kann,
die Licht, Zeit, Farben und Natur bergen.“
(Luis Barragan, mexikan. Architekt, 1902 – 1988)